... singen ist Glückssache

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Freiheit

Kategorien: Gedanken

Gott ist ein Gott der Freiheit. Er lässt zu, dass wir uns für ihn oder gegen ihn entscheiden können. Wir sind frei, seine Gebote zu leben oder nicht. Klingt zunächst problemlos gut. Schwierig wird es, wenn die Anderen dazukommen. Wenn Gott mir die Freiheit lässt, dann ist mein Gegenüber genauso frei. Zur Freiheit des Andern gehören auch sein für mich seltsames Verhalten oder seine komischen Ansichten, die meine Geduld auf die Probe stellen.

Jesus sagt: “Jeder trage des andern Last”. Aus dem Blickwinkel der Freiheit bekommt das Wort aus der Bibel eine neue Bedeutung. Die Last des Andern, das heißt seine Wirklichkeit, seine Eigenarten ertragen und, wenn möglich, sogar bejahen lernen. Mein Gegenüber nicht gleich so hinbiegen wollen, wie es mir passt, sondern es freundlich begrüßen und geduldig kennenlernen.

Dietrich Bonhoeffer schreibt zur “Freiheit des Andern”

Es ist zuerst die Freiheit des Andern, die dem Christen eine Last ist. Sie geht gegen seine Selbstherrlichkeit und doch muss er sie anerkennen. Er könnte sich dieser Last entledigen, indem er den Andern nicht freigäbe, sondern vergewaltigte, ihm sein Bild aufprägte. Lässt er aber Gott sein Bild an ihm schaffen, so läßt er ihm damit die Freiheit und trägt selbst die Last solcher Freiheit des andern Geschöpfes. Zur Freiheit des Andern gehört all das, was wir unter Wesen, Eigenart, Veranlagung verstehen, gehören auch die Schwächen und Wunderlichkeiten, die unsere Geduld so hart beanspruchen, gehört alles, was die Fülle der Reibungen, Gegensätze und Zusammenstöße zwischen mir und dem Andern hervorbringt. Die Last des Andern tragen heißt hier, die geschöpfliche Wirklichkeit des Andern ertragen, sie bejahen und in ihrem Erleiden zur Freude an ihr durchdringen. Besonders schwer wird das, wo Starke und Schwache im Glauben in einer Gemeinschaft verbunden sind. Der Schwache richte nicht den Starken, der Starke verachte nicht den Schwachen. Der Schwache hüte sich vor Hochmut, der Starke vor Gleichgültigkeit. Keiner suche sein Recht, fällt der Starke, so bewahre der Schwache sein Herz vor Schadenfreude, fällt der Schwache, so helfe ihm der Starke freundlich wieder auf. Einer braucht so viel Geduld wie der Andere.


von Thomas Dillenhöfer