In unregelmäßiger Regelmäßigkeit bin ich erstaunt, wie wenig ich mich selbst kenne.

Übers Jahr gesehen gibt es Tage, Situationen und Phasen, in denen erlebe ich mich souverän, als gefestigten Menschen und Christen. Ich kann meine Gedanken mitteilen, auf etwas hinweisen und Menschen fühlen sich angesprochen. Es gelingt mir, theologische Erkenntnisse vor 500 Menschen überzeugend rüberzubringen. Nicht schon immer im Leben habe ich mir das zugetraut.

Und dann kommen Zeiten, in denen mich Selbstzweifel völlig einnehmen. Das Wort Midlifecrisis scheint für mich erfunden worden zu sein. Mein Denken und Fühlen kreist um die Frage, was ich hier überhaupt tue. Irgendwie ist gewaltig Sand im Getriebe und elend lang kommt nichts in Gang. Mit 20 dachte ich, dass mir das mit 30 nicht mehr passiert. Mit 30 dachte ich, dass mir das mit 40 nicht mehr passiert und heute ist zwei Jahre später und es passiert mir immer noch. Auch Krisen müssen wohl sein. Die Frage ist, was mache ich damit.

Vielleicht ist das Tollste am Christentum, dass einem das Bewusstsein der eigenen Zerrissenheit nicht in Panik geraten lassen muss. Die wahre Identität liegt nicht in mir, sondern in Christus, also außerhalb meiner Selbst, extra nos. Genauso wie ich mir nicht selber vergeben kann und mir stattdessen Christus von außen vergibt, liegt auch meine wahre Identität außerhalb. Wie ich mich in manchen Phasen, Zeiten und übers Jahr gesehen empfinde, hat mit meinem Selbst nichts zu tun.

Eigentlich Grund genug, das Leben mit reichlich Humor und Gelassenheit zu nehmen.

von Thomas Dillenhöfer