... singen ist Glückssache

GiO Blog & Berichte

Revolutionäres Christentum

Kategorien: Gedanken

“Muss es sein, dass das Christentum, das einstmals so revolutionär begonnen hat, nun für alle Zeiten konservativ ist?” Das hat der Theologe Dietrich Bonhoeffer gefragt. Konservativ ist das Christentum dann, wenn der Glaube in Pflichten gepresst wird, wenn Beschränkungen im Vordergrund stehen und immer gleich einer den Zeigefinger erhebt. Es gibt sicher Gebote, Gesetze und Traditionen, die über Jahre gewachsen sind, ihre Berechtigung haben, die Jesus wollte. Prominentestes Beispiel sind die 10 Gebote: Du sollst Vater und Mutter ehren, nicht lügen, nicht stehlen usw. Eine Religion aber, die nur immer die Gebote betont, anstatt den Sinn dahinter, passt heute nicht mehr in die Zeit, wirkt langweilig, bedrückend, irgendwie spielverderberisch, spaßbremsend.

Auch Bequemlichkeit oder Angst verhindern, dass das Revolutionäre am Christentum bekannt wird. Denn revolutionär ist alles, was erneuert oder verändert. Das wiederum setzt Mut voraus und auch Wissen. Wer das Christentum bewusst vom Inhalt her lebt, hat so viel Kraft, dass er mit dem, was er sagt und tut, die Welt auch heute noch völlig auf den Kopf stellen kann. Jesus hat nicht nur oberflächlich 10 Gebote zu bieten sondern vor allem einen tieferen Sinn dahinter. Wer sich auf ihn einlässt, merkt, dass es bei den Geboten letztlich um die Liebe geht. Dazu gehört die Frage nach dem Selbstbild. Schaffe ich es, mich bedingungslos, als unendlich wertvollen, einmaligen Menschen zu lieben, wie Jesus das tut? Beste Antwort: Ja. Dann erst geht es weiter.

Wie gehe ich mit anderen um? Liebe ich sie, wie mich selbst? Die beste Antwort ist wieder ein überzeugtes Ja. Alleine das mit der Liebe ist schon revolutionär. Völlig anders, als das, was uns die Gesellschaft vorlebt. Wer gerade beide Fragen mit Ja beantwortet hat, kann die anderen Gebote übrigens sofort vergessen, der wird nicht stehlen oder lügen. Völlig egal, ob es dafür ein Gebot gibt oder nicht.

Und die Liebe macht nur einen Teil des Christentums aus. Wenn aber schon ein Teil, der gelebt wird, die Gesellschaft auf den Kopf stellen würde, wie revolutionär könnte dann erst die ganze Religion sein?

Nur bekannt müsste sie wieder werden.


von Thomas Dillenhöfer