Altes Werk in neuem Glanz

Die Premiere von Händels Messias im Gospelgewand – und ich bin live dabei. Um kurz nach 20 Uhr am Freitagabend steigt zuerst mein Puls, ob ich überhaupt noch Einlass in die Friedenskirche finde. Glück gehabt – in einer pickepackevollen Kirche in der allerletzten Reihe noch einen Platz ergattert. Die Anspannung aller beteiligten Protagonisten ist regelrecht greifbar. Ein erster Blick ins Programmheft verrät mir, dass gleich 13 neue Songs für großen Gospelchor, Solisten und Band, inspiriert durch das Messias-Oratorium von Georg Friedrich Händel zur Aufführung gebracht werden. Nach einer kurzen Begrüßung beginnen die Musiker zu spielen, die Kirchentür neben mir wird geöffnet und die Sängerinnen und Sänger stürmen flott – einreihig, zweireihig – im schnellen Schritt auf die im Altarbereich aufgebauten Podeste. Ein nicht enden wollender Strom an Menschen bahnt sich den Weg – und der Chorleiter Tom Dillenhöfer steht in der letzten Reihe und genießt den Einmarsch. Ein beeindruckendes Bild baut sich vor meinen Augen auf. Wohl sortiert, startet der Chor mit dem ersten Lied und reißt die Menschen in der Friedenskirche gleich mit. Es folgen zwölf weitere Lieder zwischen Pop, Blues und Hip-Hop – mal mitreißend opulent und dann wieder gefühlvoll balladesk. Gospel berührt und baut auf. Ein stimmungsvoller Abend, der in Windeseile bei der Zugabe und Verabschiedung angelangt ist und respektvoll und doch selbstbewusst in eingängigen Melodien und Texten Händels Messias absolut gerecht wird. Es ist eine helle Freude, dass ein altes Werk so modern in neuem Glanz erstrahlt – auch ich strahle nach dem Verlassen der Kirche immer noch.

Text: Mathias Bastin

Nach über 250 Jahren noch topaktuell

Die Welturaufführung der Songs from Messiah für Gospel im Osten fand in einer gut gefüllten Friedenskirche nahe beim Neckartor statt. Der Chor wurde durch eine große Band mit Piano, Keyboard, Bläsern und Schlagzeug kräftig unterstützt. Sängerinnen und Sänger aus dem Chor traten in Soli, Duett und Quartett in Erscheinung.

Meditative Texte zu den Themen Erwartung, Ent-täuschung und Erfüllung wurden zwischen den Songs vorgetragen. In den Texten zeigt sich die Aktualität der Aussage zum Messias:

Kind und Herrscher
Lamm und Retter
Liebender und Leidender
Gottes Charakter nur in Gegensätzen denkbar
Erwartung erfüllt im Kontrast
Herausfordernd auch heute noch
Ein Kind stellt Herrscher in Frage
Friedfertigkeit nimmt der Gewalt die Macht
Verletzlichkeit bewirkt Veränderung
Liebe steckt im Leiden
Leben trotzt dem Tod

Steffi Müller, November 2019

Cornelius Schock und Thomas Dillenhöfer verwendeten als Vorlage für die Songs Motive aus dem Messias von Georg Friedrich Händel, der 1742 in Dublin uraufgeführt wurde. Durch die Neugestaltung in den Songs from Messiah erscheint der Messias auch nach über 250 Jahren noch sehr aktuell. Nicht wenige Besucher ließen sich von der Musik anstecken und begannen vorne in der Kirche vor dem Chor zu tanzen. Eine festliche und begeisternde Atmosphäre!

Text: Barbara Fritz

Fotos: Ludmilla Parsyak